"Nachhaltigkeit" in Straubings Altstadt

Dieser Bericht wurde von Herrn Bürgermeister Werner Schäfer für die Jubiläumsschrift
"30 Jahre Förderverein Straubinger Altstadtfreunde" verfasst.
 
„Die Altstadt nicht mehr im Abseits“ nannte ich im Jahr 2015 einen Beitrag in der Festschrift zum 20jährigen Bestehen der Altstadtfreunde. Zwischenzeitlich könnte man formulieren: „Die Altstadt immer mehr im Zentrum der Stadtentwicklung“, und zwar nicht zuletzt im Hinblick auf „Nachhaltigkeit“. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter diesem viel zitierten, meist nicht näher erläuterten Begriff?
Nachhaltig ist eine Entwicklung, wenn Ökologie, Ökonomie und Soziales nicht neben einander stehen, sondern sich wie in einem Gebilde mit drei konzentrischen Kreisen miteinander verbinden. Im Herzen der Altstadt wächst ein solches Gebilde heran. Da ist an erster Stelle das neue Zentrum für vor allem praxisorientierte Wissenschaft zu nennen, das mit dem Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, mit dem Technologie- und Förderzentrum und dem Campus Straubing der Technischen Universität München weit über unsere Stadt hinausstrahlt.
 
„Am TUM Campus Straubing setzen Forscher und Studierende auf nachwachsende Rohstoffe statt auf Erdöl, Kohle und Erdgas. Ziel ist die Unterstützung der Transformation der momentanen auf fossilen Energieträgern basierenden Ökonomie hin zur Bioökonomie. Wer die Welt nachhaltig verändern möchte, hat am TUM Campus Straubing verschiedene Möglichkeiten für ein Studium.“ So heißt es auf der Homepage. Damit ist beispielhaft das Miteinander von Wissenschaft, Wirtschaft und Umweltschutz angesprochen. Diese hohe Zielsetzung findet einen besonderen Ausdruck auch im Nawareum, im Informations- und interaktiven Dokumentations- und Museumsbau des Technologie- und Förderzentrums, das zu einem Publikumsmagneten geworden ist. 
 
TUM
Am TUM Campus Straubing kooperiert die TUM München mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
 
Bei alledem handelt es sich nicht um tote Einrichtungen, sondern um Lebensbereiche, Wirkungsstätten und Arbeitsplätze von Menschen. Hier treffen sich mit Studentinnen und Studenten, Professorinnen und Professoren und Mitarbeitern zahlreicher Tätigkeitsfelder Angehörige verschiedenster gesellschaftlicher und geografischer Herkunft zu einem wechselseitigen Austausch und zu einem Miteinander, das über die reine Zweckmäßigkeit hinausreicht. Die angestrebte fruchtbare, eben nachhaltige Verknüpfung von ökonomisch wie ökologisch orientiertem Forschen und Handeln vereinigt sich mit dem Sozialen.
Dabei möchten alle Akteure erklärtermaßen nicht im Elfenbeinturm von Wissenschaft und Lehre verharren, sondern ihr Tun in die Gesellschaft hineintragen, in die städtische wie die regionale. Immer mehr Studenten werden in vielfältiger Weise das städtische Leben bereichern, anerkannte Wissenschaftler Dynamik und internationales Flair in Straubing fördern und zum sozialen Leben beitragen. Sie sind zugleich Ergänzung und spürbare Ausweitung dessen, was in der Altstadt bereits Ausdruck des gesellschaftlichen Zusammenlebens war und ist, sichtbar besonders im Klinikum St. Elisabeth, im Johannes-Turmair-Gymnasium und in der Volksschule St. Peter.
Zum Sozialen möchte ich außerdem das Kulturelle rechnen. Da kann die Altstadt im unmittelbaren Umfeld von ökologisch und ökonomisch orientierter Wissenschaft mit einigen Schätzen aufwarten. An erster Stelle ist natürlich das außergewöhnliche Friedhofsensemble von St. Peter zu nennen. Es zählt sicher zu den bedeutendsten seiner Art in ganz Deutschland, ein Ort der Ruhe und Beschaulichkeit, der Architektur und Kunst und mit seinem Bewuchs zudem ein Ort der Natur. Aber auch die Schutzengelkirche, ein Kleinod der Bettelordensbaukunst des beginnenden 18. Jahrhunderts und die kleine Krönungskapelle am alten Prozessionsweg von der Neustadt zum Altstadtfriedhof markieren die historische Dimension des aus der Tradition in die Zukunft wachsenden Altstadtkerns.
 
St.Peter_2024

Ruhepol in der Straubinger Altstadt. Der historische Friedhof St. Peter

 
Mit der Anziehungskraft des geschichtlich Gewordenen, der neu geschaffenen architektonischen Landschaft und dem Nawareum als Lern- Begegnungs- und Freizeitort gewinnt ein weiteres Feld der sozialen Beziehungen, das auch ökonomische Vorteile mit sich bringt, an Gewicht: der Tourismus. Nicht zuletzt in den Besuchern der Altstadt, den historisch-kunsthistorisch orientierten wie den an Innovationen und Zukunftsthemen interessierten, kann sich eine nachhaltige Stadtteilentwicklung widerspiegeln mit Synergieeffekten zwischen dem geschichtlichen Erbe und dem modernen Strukturwandel. Durch die Aufnahme des Friedhofs St. Peter und des Ostenfeldes in das UNESCO-Welterbe „Grenzen des römischen Reiches“ können sich weitere positive Auswirkungen für den Tourismus und den Universitätsstandort Straubing-Altstadt ergeben.
 
Nawareum

Am 10.01.2025 feierte das Museum die 100.000ste Besucherin seit der Eröffnung im Februar 2023

 
Nachhaltig kann aber außerdem ein weiterer Aspekt wirken: die Donau. Ihr grünes Ufer bildet das natürliche Band zwischen Neustadt und Altstadt. Es steht allen offen, den Bürgerinnen und Bürgern, den als im Wissenschaftsbereich Tätigen hier heimisch gewordenen, wie den Gästen, die hierher auch per Schiff gelangen. Als Naturzone, als Freizeit- und Erholungsbereich kann es zu einem besonderen Markenzeichen des Standorts Straubing für Wissenschaft und Forschung werden. Die Öffnung hin zu diesem grünen Band und zum Fluss und umgekehrt zum alt-neuen Zentrum nachhaltigen Handelns gehört ebenfalls zu den Aufgaben der kommenden Jahre für eine Stadtgemeinde, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt, nicht nur doch nicht zuletzt in der Altstadt Straubing.
 
Und im Jubiläumsjahr sei zum Ausdruck gebracht: Der Verein der Altstadtfreunde ist seit 30 Jahren ein wichtiger Teil gerade des sozialen Lebens in der Altstadt und trägt mit seinen vielfältigen Aktivitäten selbst zur Nachhaltigkeit bei, hoffentlich auch in den kommenden Jahrzehnten!
Adler Richtung Altstadt

An der Donau. Der Adler am Herzogschloss hat die Altstadt fest im Blick